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 3. Kapitel ~Eisessen mit Dad~

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Enrico
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BeitragThema: 3. Kapitel ~Eisessen mit Dad~   3. Kapitel ~Eisessen mit Dad~ EmptySa Jan 08, 2011 4:24 pm

3. Kapitel
~Eisessen mit Dad~
Mit dem Lutscher im Mund war ich fürs erste besänftigt. Als die merkwürdige Tante mich an die Hand nahm und mir gut zu sprach, ging ich einfach mit.
“Na komm, ich zeig dir die vielen Spielsachen!”, sprach sie immer wieder auf mich ein, während wir zwei Treppenstufen erklommen. Auch Demijen folgte uns. War ich froh, als er neben mir die Treppe nach oben lief. Zumindest ein Mensch dem ich hier vertraute. Vor einer Tür blieben wir stehen. Ob wohl dahinter die Spielsachen waren?
Noch einmal lutschte ich an meinem Lolli, dann öffnete Sophie die Tür und ließ mich einen Blick in den Raum dahinter werfen. Alles war so klein. Tische und Stühle, selbst die Regale waren so gestellt das auch ich an die Spielsachen langen konnte, die in ihnen lagen. Aber was noch viel erstaunlicher war, waren die vielen Kinder. Die waren ja auch so klein wie ich. Mansche sogar noch kleiner. Ich war sicherem Paradies gelandet. Alles war so bunt, selbst die Wände waren mit den unterschiedlichsten Farben bemalt. Grün unten wie eine Wiese und ganz fiel Tiere oben. Hasen, Hunde, Katzen. Das war vielleicht lustig. Von der Hand der Tante riss ich mich los, um mir das genauer an zu sehen. Der Hund gefiel mir besonders gut. Er hatte lange Schlappohren und seine Zunge hing ganz seltsam aus dem Maul. Das sah ulkig aus, also begann ich darüber zu lachen. So etwas gab es bei uns zu Hause nur in meinem Kinderzimmer. Wir hatten zwar auch viele Bilder und Schriftzüge an den Wänden, aber die waren nicht so lustig.
Von den bemalten Wänden viel meine Aufmerksamkeit auf die Regale. So viele Spielsachen. Ob man die auch nehmen durfte. Daheim musste ich immer nach fragen, wenn ich etwas haben wollte, also tat ich das jetzt auch. Nach einem Blick nach hinten, deutete ich auf einen blauen Hubschrauber und wollte von Sophie wissen:
“Haben?”
“Nimm ihn dir ruhig Yale, du darfst hier mit allem spielen!” Durfte ich? Das war ja toll. Vorsichtig hob ich den Helikopter aus dem Regal und ließ mich damit auf den Boden fallen. So ein Spielzeug hatte ich noch nie gesehen. Der Propeller ließ sich sogar drehen und die Türen öffnen. Da waren Figuren drin. Toll. Nach dem öffnen einer der Türen schüttelte ich sie aus dem Hubschrauber. Ein kleiner Junge und ein Mädchen. Wie die wohl da rein gekommen waren und ob der Helikopter fliegen konnte? So wie der von Papa? Ganz oft hatte er mich schon mit genommen. Dann flogen wir über die Dächer der Stadt. Der Helikopter war zwar viel größer gewesen, aber der kleine musste doch auch fliegen können, oder? Um das aus zu probieren warf ich ihn einfach von mir.
“Flieg!”, rief ich ihm nach. Aber er flog nicht. Wie ein Stein stürzte er ab. Prima, der war sicher kaputt.
“Abgestürzt!”, zeigte ich auf den Helikopter und sah zu Sophie zurück. Aber sie beachtete mich schon gar nicht mehr. Mit einem anderen Kind zeichnete sie auf einem weißen Blatt Papier. Erwachsene eben. Das sie mir nicht zuhören, mir keine Beachtung schenkten, war ich gewöhnt. Auch das man mir mein Spielzeug stahl. Als ich zurück zum Helikopter sah, wurde dieser schon von einem anderen Kind aufgehoben und weggetragen. Jetzt hatte ich nur noch die zwei Figuren. Wie langweilig. Ich nahm beide und stellte sie ins Regal zurück. So hatte es mir die Mama beigebracht. War ich fertig mit spielen, mussten alle Spielsachen wieder zurück gelegt werden.
So und was machte ich nun? Der Helikopter war verloren, zwischen zwei streitenden Jungen, da wollte ich mich nicht einmischen. Andererseits hätte ich schon gern weiter mit dem blauen Helikopter gespielt. Blöde Jungen, ob wohl weinen etwas brachte? Nach einem Blick auf Sophie wurde mir allerdings schnell klar, dass das nicht die Lösung meines Problems war. Sie sah mich ja noch nicht einmal. Seufzend stand ich auf. Dann musste ich das eben mal wieder selber machen. Mit unsicheren Schritten tapste ich auf die Beiden zu, bereit sie an zu sprechen, aber noch bevor ich bei ihnen war, mischte sich ein dritter in den Streit ein. Demijen? Was wollte er denn mit dem Hubschrauber? Er hatte doch seine Autos. Einfach so riss er einem der Jungen den Helikopter aus der Hand und schubste den anderen bei Seite. Ganz klar was darauf folgen musste:
“Wähhhh der hat mich geschubst!” Auch der zweite stimmte in das ohrenbetäubende Geheul ein.
Wie schön, hier war es wie zu Hause bei meinen Geschwistern. Während Sophie den Streit zu schlichten versuchte und Demijen sich anhören musste, dass man nicht schubsen durfte, sah ich mich weiter um. Was wohl alles hinter der buntbemalten Tür lag? Die mit dem großen Hasen drauf. Einen Spalt zumindest stand sie offen. Ich brauchte nicht mal die Klinke drücken. Das war interessant, da wollte ich nachschauen. Während Sophie alle Hände voll zu tun hatte, schlich ich mich zur Hasentür und durch den Spalt. Ha, ein großes Badezimmer. Alles weißgefliest, bloß wo war da das Abenteuer? Ein wenig mehr hatte ich mir schon erhofft, aber wenigstens war alles schön klein. An das Waschbecken kam ich ganz allein heran. Vielleicht sollte ich den Wasserhahn mal aufdrehen? Ich mochte es wenn das Wasser im Abfluss verschwand. Ja genau, das wollte ich tun. Auf Zehenspitzen stehend drehte ich den Wasserhahn auf und matschte mit den Händen im Wasserstrahl herum. Funkelnd sprenkelt die Wassertropfen das Waschbecken, den Spiegel dahinter und selbst den Boden und kein Erwachsener weit und breit, der es mir verbot. Glaubte ich.
“Yale, was machst du denn da?”, rief jemand nach mir. Erschrocken fuhr ich zusammen. Man hatte mich erwischt, was nun? Am besten half in solchen Fällen ein breites Grinsen und ein schief gelegter Kopf. Einfach niedlich aussehen. Hinter mir blieb Sophie stehen. Den Wasserhahn drehte sie zu. Ob sie jetzt wohl böse wurde? Mama wäre es sicher, aber sie nicht. Meine Hände nahm sie in ihre und stellte dabei besorgt fest:
“Du bist ja ganz kalt” Sicher das Wasser war ja auch kalt gewesen, aber was war jetzt so schlimm daran? Mit einem Handtuch rubbelte sie meine Hände trocken, während ich ihr dabei zusah.
“Komm schon, draußen gibt es viel schönere Spielsachen!” Nahm sie mich an ihrer Hand. Gemeinsam mit ihr verließ ich das Badezimmer. Schade eigentlich, gerade wo es angefangen hatte Spaß zu machen. Mit schnellen kurzen Schritten tapste ich ihr hinterher, dann waren wir wieder im Spielzimmer. Sophie brachte mich zu einem Regal voller Teddys und versuchte mir die Kuscheltiere schmackhaft zu reden. Dabei hatte ich für Teddys gar nichts übrig. Nach langem zureden, nahm ich zumindest einen der Bären in die Hand. Zufrieden darüber ließ Sophie mich vor dem Regal allein, kümmerte sich stattdessen um zwei streitende Jungen. Und nun? Gelangweilt sah ich den braunen Teddy an, der mich mit seinen toten Augen anstarrte. Ob ich den vielleicht eintauschen konnte? Zwei Mädchen spielten mit einem großen Backer, der hätte mir gefallen können. Mit unsicheren Schritten steuerte ich auf beide zu. Als sie mich fragend musterten, reichte ich ihnen den Teddy. Nach kurzem zögern nahmen sie das Stofftier entgegen. Super nun hatten sie die Hände voll und ich konnte den Backer für mich erobern.

Den ganzen Tag brachte ich damit zu, auf dem Backer durch den Kindergarten zu rollen. Nur Demijen ließ ich ab und zu mitfahren. Die Zeit verging so schnell, dass ich gar nicht merkte, wie mir meine Eltern fehlten. Erst als die ersten Kinder abgeholt wurden, fielen sie mir wieder ein. Ob mich mein Dad wirklich abholen würde? Je später es wurde, um so weniger Kinder wurden wir. Zum Schluss saß ich ganz allein auf meinem Backer. Selbst Demijen war schon abgeholt wurden. Das war mal wieder typisch. Sicher hatte mich mein Dad einfach vergessen. Allein mit Sophie gefiel es mir nicht. Als das letzte Kind an der Hand seiner Mutter das Spielzimmer verließ, begann ich meinem Unmut Luft zu machen. Der Backer wurde uninteressant, dafür begann ich hemmungslos zu weinen. Sophie sollte was machen, meine Mama rufen, die würde mich bestimmt abholen. Vergeblich versuchte mir Sophie gut zuzureden. Immer wieder streichelte sie mir über den Rücken. Begriff sie denn nicht was hier los war? Mein Dad hatte mich vergessen, da halfen ihre freundlichen Worte auch nicht. Ich wollte nach Hause, zu meiner Mama und zu meinen Geschwistern.
“Ma…maa!”, schluchzte ich immer wieder, aber da war keine Mama, nur eine fremde Tante.
“Ja, ich weis ich bin spät!”, drang eine bekannte Stimme durch die geschlossene Tür. Hatte ich mich verhört? Das klang nach meinem Dad. Augenblicklich waren die Tränen vergessen, als sich die Klinke der Tür nach unten drückte, sprang ich auf, lief der Tür entgegen. Als sie geöffnet wurde, konnte ich durch den Schleier meiner Tränen tatsächlich meinen Dad erkennen. Überglücklich legte ich beide Arme um sein Bein, brachte ihn damit fast zum Stolpern.
“Pa…pa!”, schluchzte ich noch immer. Er hatte mich nicht vergessen, er war nur wie immer viel zu spät dran.
“Du bist spät!”, mahnte Sophie streng.
“Ich weis, ich bin aufgehalten worden!”, gab mein Dad zurück. Meine Arme löste er um sein Bein, hob mich stattdessen in seine Arme. Erschöpft vom vielen weinen legte ich meinen Kopf auf seiner Schulter ab. Das sollte er ja nicht wieder machen.
“Hast du etwa geweint?”, fragte er mich, als er mich genauer ansah. Ja, sicher hatte ich. Was glaubte er denn? Das ich mich darüber freuen würde, wenn ich das letzte Kind war, das abgeholt wurde und das ausgerechnet an meinem ersten Tag hier.
“Sei in Zukunft pünktlich. Es ist schrecklich für ein Kind, wenn es nicht abgeholt wird!”, mahnte Sophie mit strenger Stimme. An uns lief sie vorbei, sah meinen Vater beim Gehen noch nicht einmal an. Nachdenklich sah er ihr nach. Hoffentlich merkte er sich das. Ein letztes Mal jappst ich schluchzend nach Luft, dann fuhr ich mir durch die verheulten Augen. Da hatte er mir wirklich einen ganz schönen Schrecken eingejagt.
“Morgen bin ich pünktlich Yale, versprochen!”, ließ mich mein Vater wissen und half mir dabei die Tränen in meinem Gesicht loszuwerden. Mit dem Daumen wischte er sie mir von den Wangen. Ungläubig sah ich ihn dabei an. Als wenn er Versprechen halten könnte.
“Was hältst du von einem Eis als Entschädigung?” Versuchte er mich etwa schon wieder zu bestechen? Erst der Lutscher, jetzt ein Eis, daran hätte ich mich gewöhnen können. Mit einem Strahlen im Gesicht nickte ich ihm zu. Eisessen war eine klasse Idee. Ganz besonders da meine Geschwister nicht dabei waren. Ein großes Eis ganz für mich alleine.
“Na dann komm!” Anstatt mich aus der Kindertagesstätte zu tragen, ließ mich mein Vater runter. Wieder sollte ich selber laufen, als er mich an die Hand nahm. Mutter hätte mich sicher getragen, aber so langsam gewöhnte ich mich daran, das mit meinem Vater irgendwie alles anders war. Mit der Aussicht auf ein Eis folgte ich ihm anstandslos. Durch die Tür traten wir auf den langen Flur vor dem Spielzimmer. In Gedanken war ich schon bei meinem Eisbecher, bis mein Vater auf einmal inne hielt. Als ich unbekümmert weiter laufen wollte, zog er mich zurück. Was war jetzt wieder? Wieso hielten wir an, hier gab es sicher kein Eis. Verwirrt sah ich an meinem Vater hinauf. Vor einer Tür die zu den Garderoben führte hatten wir angehalten. Durch ein Fenster in der Wand sah mein Vater misstrauisch in die Umkleiden. Gab es denn dort etwas interessantes zu sehen? Ich wollte auch schauen, aber ich war zu klein dafür. Am Hosenbein meines Dads zog ich, versuchte seine Aufmerksamkeit zu bekommen, doch er ignorierte mich, wie so oft.
“Papa, ich auch kucken!”, bat ich ihn vergebens. Anstatt mich auf den Arm zu nehmen, hielt er mir nur den Mund zu. Was sollte das denn jetzt? Erschrocken sah ich ihn an, während er dem Fenster den Rücken zu wand. Nur im Augenwinkel behielt er die Umkleidekabine im Auge. Schritte waren von dort zu hören. Ein paar Schuhe klapperten auf den Dielen, das zweite Paar stolperte hastig hinterher. Versteckten wir uns etwa? Durch die offen stehende Tür konnte ich schließlich Demijen erkennen. Er lief an der Hand einer Frau, eine andere als heute Morgen. Ob das wohl seine Mutter war? Grimmig war ihr Blick, zügig ihre Schritte. Demijen kam kaum hinterher. Die sah ja nicht unbedingt nett aus, kein Wunder das wir uns vor der versteckten. Armer Demijen, ging mir durch den Kopf, als mein Vater seine Hand von meinem Mund weg zog. Die Ausgangstür schlug nach den beiden zu, dann setzte sich mein Vater wieder in Bewegung. Kein Wort verlor er über die merkwürdige Situation. Wollte er mir denn nicht erklären, was hier los war, oder war ich dafür mal wieder zu klein? Während ich ihn fragen von unten herauf ansah, hellte sich seine Mimik nur langsam wieder auf. Während wir in Umkleidekabine liefen und er mich auf eine der Bänke setzte, um mir meine Straßenschuhe anzuziehen, wollte er lediglich wissen:
“Wie hat’s dir gefallen Yale? Hast du schön gespielt?” Hatte ich? Bei der ganzen Aufregung musste ich darüber erst einmal nachdenken. Was hatte ich den ganzen Tag getan? Genau, als den anderen Kindern der Helikopter zu langweilig wurde, hatte ich ihn mir unter den Nagel gerissen und mit Demijen zusammen fliegen gespielt. Lang und breit begann ich meinem Vater davon zu erzählen. Jede Kleinigkeit erschien mir wichtig, also plapperte ich einfach darauf los. Selbst als die Schuhe angezogen waren und ich an der Hand meines Vaters den Kindergarten verließ erzählte ich noch, aber hörte er mir überhaupt zu? Die ganze Zeit sah er vor sich hin. Hatte dabei ein zufriedenes Lächeln aufgesetzt. Er achtete nicht mal auf mich. Beleidigt hörte ich auf zu reden. Sicher interessierte ihn gar nicht, was ich zu berichten hatte. Stattdessen sah ich ihn nur mit einem Schmollmund an. Warum hatte er überhaupt gefragt, wenn es ihn gar nicht interessierte? Grimmig wanderte mein Blick an seinem Arm hinauf, bis meine Augen an dem Ärmel seines Hemdes hängen blieben. Das war ja kaputt. In Höhe des Oberarm ging ein Schnitt durch den Stoff, drum herum war alles voller Blut. Hatte er sich etwa weh getan? Kein Wunder, dass er mir nicht zuhörte.
“Aua?” Mit ausgestrecktem Zeigefinger, deutete ich auf den Schnitt im Stoff. Verwundert sah mein Vater auf mich herab und folgte schließlich meinem Blick bis zum Ärmel.
“Mama muss Pflaster drauf machen!”, erklärte ich ihm. Das konnte so nicht bleiben und nach einem Pflaster von Mama war’s immer viel besser. Nach meinen Worten, verzog sich das Gesicht meines Vaters zu einem breiten Grinsen.
“Ja, genau Mama muss Pflaster drauf machen”, begann er zu lachen. Was war daran nur so komisch? Das war mein voller Ernst gewesen. Wieder verstand ich meinen Vater nicht. Als er mir durch meine blonden Haare wuschelte sah ich ihn verständnislos an. Glaubte er mir das etwa nicht? Mutter machte das bestimmt, wenn er sie fragte, oder nicht? Als wir vor einem schwarzen Motorrad stehen blieben, verstand ich noch immer nicht was so komisch daran war. Dafür wunderte ich mich erneut. Waren wir nicht mit einem Auto hier her gekommen? Wir würden doch nicht etwa mit dem Motorrad zurück fahren? Mama war immer dagegen gewesen, das ich auf so was mitfuhr. Während ich die Maschine meines Vaters musterte, nahm er einen Helm vom Lenker und setzte ihn mir auf. Wir würden also tatsächlich mit dem Motorrad fahren? Das würde Mama gar nicht gefallen.
“Mama wird böse!”, versuchte ich ihm klar zu machen, aber wieder lachte er nur.
“Ich weis!”, grinste er mich an. Gefiel es ihm etwa wenn Mutter böse wurde? Aus meinem Vater wurde ich einfach nicht schlau. Als er die Verschlüsse des Helms an meinem Kinn geschlossen hatte, hob er mich unter den Armen auf das Motorrad. Hinter mir setzte er sich selbst auf die Maschine, dann drehte er einen Schlüssel im Zündschloss vor mir. Super, wenn Mutter dagegen war, war das hier sicher gefährlich. Als der Motor unter uns startete setzte mein Vater selbst einen Helm auf dann legten sich seine Hände rechts und links an den Lenker.
“Gut festhalten Yale!”, hörte ich ihn sagen, dann heulte das Motorrad unter uns auf und übertönte seine Stimme. Erschrocken sah ich mich auf dem blank polierten Metall vor mir um. Ja toll, festhalten, nur woran? Noch bevor ich etwas gefunden hatte, setzte sich das Motorrad in Bewegung. Ein Armeisenarme zog durch meinen Magen, als er das Motorrad vom Parkplatz vor dem Kindergarten auf die Straße lenkte. Der Wind zog an meinen Klamotten. Und wirbelte mein Shirt und die kurze Hose auf. Ängstlich duckte ich mich auf das blankpolierte Metall unter mir und kniff die Augen zusammen. Nervös knabberte ich an den Knöpfen meines Hemdes herum. Nur nicht nach vorn sehen.
“Du wirst doch nicht etwa Angst haben oder?”, lachte mein Vater hinter mir. Seinen musternden Blick konnte ich auf mir spüren. Natürlich hatte ich Angst, was dachte er denn. Was wenn ich abrutschte und runter fiel?
“Ich fahr doch noch nicht mal schnell”, spottete er weiter. Tatsächlich schlich er für seine Verhältnisse über die Straße. Immer wieder wurden wir von Autos überholt, denen wir zu langsam waren. Eine Hand zog mein Vater vom Lecker zurück und legte ihn quer über meinen Bauch. Während er mich an sich drückte, das Motorrad mit nur einer Hand lenkte, meinte er beschwichtigend:
“Keine Sorge, ich halt dich schon fest. Schau lieber nach vorn, sonst verpasst du doch alles.”
Tat ich das? Ein Auge öffnete ich und sah dabei nach vorn. An einer Ampel hatten wir angehalten, während genau vor uns ein großer LKW über die Kreuzung tuckerte. Mit aufgerissenen Augen sah ich das Monstrum an. Was wohl passiert wäre, wenn mein Vater wie sonst die rote Ampel überfahren hätte, anstatt an ihr anzuhalten? Bei diesem Gedanken musste ich einmal kräftig Schlucken. Es war doch besser die Augen geschlossen zu halten, entschied ich und rückte noch etwas enger an meinen Vater heran. Hoffentlich war dieser Höllentrip bald vorbei. Lang und breit würde ich meiner Mutter davon erzählen, die würde ihm solche Aktionen schon austreiben.
“Das ist aber nicht der Weg nach Hause!”, schreckte mich eine bekannte Stimme aus meinen Gedanken. Mein Vorhaben die Augen geschlossen zu halten, vergaß ich für einen Moment und sah zur Seite, in die Richtung aus der die Stimme kam. Ein schwarzes Motorrad mit Flammenmuster auf dem Tank und der Verkleidung hatte neben uns angehalten. Auf ihm saß der beste Freund meines Vater Toni Bandel, der ihn als Leibwächter ständig begleitete.
“Ich weiß! Ich hab Yale ein Eis versprochen, weil ich zu spät gekommen bin um ihn abzuholen”, entgegnete mein Vater ihm. Genau, wir konnten noch nicht nach Hause. Um den Arm meines Vaters herum, der mich fest hielt sah ich Toni an. Der Mann mit den schulterlangen, schwarzen Haaren und den smaragdgrünen Augen war mir noch nie geheuer gewesen. Er lächelte nur selten und war sehr streng wenn es um uns Kinder ging. Seine eigene Tochter war gut erzogen, hörte immer aufs Wort, während ich und meine Geschwister nur selten reagierten, wenn unser Vater mit uns schimpfte. Aber wenn Toni laut wurde, zuckten wir alle zusammen. Ob er wohl mit zum Eisessen kam? Die Vorstellung gefiel mir nicht.
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