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 3. Kapitel ~Zwei allein zu Haus~

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Enrico
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BeitragThema: 3. Kapitel ~Zwei allein zu Haus~   3. Kapitel ~Zwei allein zu Haus~ EmptySa Jan 08, 2011 2:58 pm

3. Kapitel
~Zwei allein zu Haus~
Wofür noch kämpfen? Sie hatten ja doch keine Chance. Viel zu groß war der alte Feind geworden und wie klein waren sie inzwischen. Zwei einzelne Wölfe, gegen ein ganzes Drogenimperium.
Mutlos blieb Enrico liegen, fand nicht einmal die Kraft aufzustehen. Selbst Tonis fröhliche Stimme, seine gute Laune, als er ins Zimmer kam, vermochte daran nichts zu ändern:
“Ein bisschen viel Staub und Dreck aber ansonst …” Mitten im Satz brach Toni ab. Ob er wohl über das zerstörte Zimmer erschrocken war?
“Ach du Scheiße!” Tonis Blick fiel auf das zerbrochene Fenster und das zerstörte Ehebett. Nur zögernd wagte er sich im ganzen Zimmer umzusehen.
“War es hier?”, wollte Enrico kraftlos von ihm wissen. Einen Moment musste Toni überlegen. Langsam wanderte sein erschrockener Blick auf ihn. Die Puppe und das blutige Laken kamen ihm sicher bekannt vor, als er antwortete:
“Ja!” Natürlich, warum hatte Enrico überhaupt gefragt?
Schweigen schlich sich ein, hüllte sie beide in eine düstere Stille. Nur Enrico bewegte die Hände, ballte sie zu Fäusten. Die Hoffnungslosigkeit, die ihn zuvor umfangen hatte, wandelte sich immer mehr in Wut. Ausgerechnet hier. Hier wo sie einst zu Hause und in Sicherheit waren. Hatte es ihnen denn nicht gereicht ihn zu vernichten, so viele von ihnen zu töten? Musste es auch noch seine Tochter sein?
Die geballte Faust schlug Enrico hart auf den Boden. Es war genug, endgültig:
“Ich leg sie um! Allen voran ihren elenden Anführer!” Wutentbrannt erhob Enrico sich. Die Waffen, die Toni ihm zuvor abgenommen hatte, stahl er ihm, stieß seinen Freund beiseite. Irgendwo auf der Straße würde er schon einen dieser schwarzen Teufel finden, um an ihm seine Wut auszulassen. Die Zerstörung seines Clans, seines zu Hauses und seiner Tochter, würden ihnen heimzahlen.
“Ja sicher.” Augen rollend griff Toni nach Enricos Arm, als er losstürmen wollte und hielt ihn daran fest.
“Und dann? Was haben wir von einem Blutbad, dessen Folgen wir nicht überleben?” Wen kümmerte das schon? Ob in einem Gefecht oder hinterrücks von einem Scharfschützen, Hauptsache Enrico nahm genug dieser Dreckskerle mit in die Hölle.
“Lass los!”, forderte er. Immer wieder zog und zerrte er, um loszukommen, sich aus Tonis Griff zu befreien, vergebens. Warum konnte er ihn nicht einfach gehen lassen? Warum sich noch länger verstecken? Diese Schweine sollten für alles büßen, was sie ihnen angetan hatten.
“Lass los!”, schrie Enrico noch einmal.
“Ich denk nicht daran. Du wirfst dein Leben nicht weg!”
“Warum nicht? Das ist noch immer meine Entscheidung.” Er wollte rennen, kämpfen, morden. Irgendetwas oder irgendjemand in der Luft zerreißen und wenn er dabei selbst draufging, wen kümmerte das schon? Es gab niemanden der ihn vermissen würde, es hielten ihn doch schon alle für tot. Er hatte nichts mehr zu verlieren.
“Du bist nicht zum Sterben hier!”, schrie Toni aufgebracht.
“Ach wirklich? Wozu denn dann? Du glaubst doch nicht ernsthaft wir kommen lebend aus der Sache raus?” Unverändert blieb Enricos Blick von Rache erfüllt. Wieso konnte Toni ihn nicht einfach verstehen, ihn gehen lassen?
“Doch … eigentlich hatte ich das … bis … gerade eben!” Vom Mut verlassen, ließ Toni auf einmal los, gab ihn frei und wandte seinen Blick ab.
“Geh! Tu, was du nicht lassen kannst, aber lass mich in Frieden damit.” Was war jetzt? Wieso auf einmal dieser Sinneswandel? Ohne ein weiteres Wort ging Toni zur Tür und verschwand hinter ihr. Nach wenigen Schritten knallte seine eigene Zimmertür zu. Na toll, jetzt hatte er auch noch Krach mit seinem besten Freund. Konnte der Tag eigentlich noch schlimmer werden?
Seufzend sah Enrico auf die Tür, die Toni nach sich zugeschlagen hatte. Er hatte schon recht, um aufzugeben war es noch zu früh. Sie waren doch gerade erst zwei Stunden hier, wie konnte er da schon alles hinwerfen? Toni hatte allen Grund sauer zu sein.
Ein weiter Seufzer verließ Enricos Lippen, währen er sich der Tür näherte. Eine Entschuldigung war fällig, entschied er und zog die Tür auf. Noch während Enrico die wenigen Schritte bis zum benachbarten Zimmer tat und dort die Klinke nach unten drückte, suchte er nach passenden Worten. Aber gab es überhaupt eine Entschuldigung für sein Verhalten?
“He!” War wieder alles was Enrico einfiel, als er eintrat. Nur von unten herauf wagte er Toni anzusehen.
Dieser hatte sich auf das Fensterbrett gesetzt. Das rechte Bein hatte er angewinkelt, das andere baumelte neben ihm herab. Mit verschränkten Armen sah er aus dem Fenster, als wenn er dort etwas zu finden versuchte. Seine Mimik war finster, während er Enrico keines einzigen Blickes würdigte.
“Es tut mir leid.”
“Was tut dir leid? Dein Gejammer oder dein inniger Wunsch in einem Kugelhagel zu sterben? Ich habe es so satt dir zu zuhören. Wenn du’s hier nicht aushältst, dann verschwinde. Ich bin fünf Jahre ohne dich aus gekommen. Ich brauch dich nicht.” Auch nach diesen Worten blieb Tonis Blick stur aus dem Fenster gerichtet.
Wieder Stille. Nur langsame wagte Enrico ihm näher zu kommen. Toni hatte ja Recht, er sollte sich mehr Sorgen um die Zukunft, als ihre Vergangenheit machen. Den Blick gesenkt, ließ Enrico sich auf der staubigen Decke des Bettes nieder.
“Du lügst und das weißt du auch!” Leise und beinah unverständlich verlor sich der Klang seiner Stimme. Toni glaubte doch nicht wirklich, dass Enrico ihm abnahm, dass er gehen sollte. Wer hatte ihn denn wochenlang genervt, immer wieder auf ihn eingeredet, er solle zurück kommen?
“Ich hätte nicht so blöd reagieren dürfen, aber es ist alles so viel schlimmer, als ich es mir vorgestellt hatte.” Beide Hände faltete Enrico ineinander. In Gedanken sah er noch einmal das verwüstete Zimmer und den zerstörten Aufenthaltsraum. Nichts war mehr wie einst. Am liebsten wollte er die Zeit zurück drehen. Doch dort wo der Staub und Dreck der Jahre, zu einer dicken Schicht herangewachsen war, blieb auch das Glück von Früher begraben und hinterließ nur den Schmerz des Verlustes. Was sollte nun werden? Nun, wo er noch nicht einmal sein wahres Ich preisgeben durfte, um die alten Freunde zu vereinen.
“Am liebsten würde ich losgehen und Judy suchen!” Zu gern würde er sie endlich wieder sehen.
“Ihr sagen, dass ich wieder da bin. Ich will es in die Welt hinausschreien, mit großen Buchstaben an die höchsten Häuser schreiben, um alle Überlebenden zusammen zu rufen. Aber ich bin gezwungen hier zu sitzen und Däumchen zu drehen, bis uns eine bessere Lösung eingefallen ist.” Beide Hände ballte Enrico immer mehr zu Fäusten. Wie sehr er es doch hasste tatenlos herumzusitzen und nichts tun zu können, außer abzuwarten.
Nach seinen Worten schlich sich erneut Schweigen ein. Zu allem Gesprochenen hatte Toni scheinbar nichts zu sagen. Stattdessen wechselte er einfach das Thema:
“Ich hab vorhin mit Jan gesprochen”, hauchte er gegen die Fensterscheibe. Der Freund den sie in New York zurück gelassen hatten? Aber warum?
“Jan? Was wollte er denn?” Merklich unsicher erhob sich Enricos Stimme. Was war wohl vorgefallen, dass Toni kaum wagte es auszusprechen?
“Er und die anderen kommen nicht nach”, fügte Toni seinen leisen Worten an. Seine Stimme wurde mit jedem Wort melancholischer. Die Freunde, die sie in der Ferne zurück gelassen hatten, würden ihnen nicht beistehen können, aber wieso?
“Was? Warum?”, gab Enrico seinem Freund panisch zurück. Nicht nur ihre Freunde, auch seine drei Kinder und Tonis Tochter waren in New York zurück geblieben. Was wenn ihnen etwas zu gestoßen war, oder sie alle in großer Gefahr schwebten?
“Butch ist nicht für den Flug Morgen eingeschrieben. Robin mit den Kindern allein zu lassen, wenn er noch in der Stadt ist, erschien Jan zu gefährlich … Ich hab ihm zugestimmt.” Immer leiser wurden Tonis Worte, bis sie sich tonlos im Raum verirrten. Diese Information warf all ihre Pläne über den Haufen. Ohne Verbündete, war ihr Überlebenskampf noch aussichtsloser. Kein Wunder das Toni da keinen Nerv für sein Gejammer hatte.
Wenn einer ihre schlimmsten Feinde in New York geblieben war, was wussten die roten Drachen dann schon und was führten sie im Schilde? Ihre Taktik zumindest war alles andere als Planlos.
“Glaubst du sie wissen es schon?”
“Kann ich mir nicht vorstellen. Dann hätten sie uns am Flughafen abgefangen. Aber sie werden alles daran setzen herauszufinden, wen ich da aus New York mit gebracht habe.” Nach Tonis letzten Worten wurde es wieder still. In Gedanken versunken malte Enrico sich aus, wie ihre Feinde die alte Fabrik stürmten, um sie zu finden.
Unendlich schwer erschien Enrico das Leben, in das er zurückgekehrt war. Noch nie hatte er sich so hilflos gefühlt. Die Drachen waren zu einem übermächtigen Gegner geworden und alle Hoffnungen, es könnte sich daran etwas ändern, ruhten auf ihm. Den Erwartungen würde er nie gerecht werden. Er war nicht der Held, für den der große Obelisk auf dem Friedhof aufgestellt worden war. Er schaffte es noch nicht einmal zu seinem alten Ich zurück zu finden. Immer wieder siegte seine Furcht und die Selbstvorwürfe, andauernd stiegen in ihm die Bilder des letzten Kampfes auf. Die Zerstörung, der tödliche Kugelhagel, um ihn und Toni herum, der so vielen Freunden das Leben gekostet hatte. Er hatte sie damals nicht schützen können, wieso sollte er es jetzt können? Wenn ihm wenigstens ein Plan einfallen würde, irgendetwas dass sie weiter brachte, aber nicht einmal die Freunde aus New York würden ihnen helfen können. Sie mussten bleiben und ihre Kinder beschützen. Verzweifelt stierte Enrico vor sich hin, fragte sich immer wieder, wozu er überhaupt zurück gekommen war. Er allein konnte diese Welt nicht verändern, er konnte das Imperium der Wölfe von einst, nicht neu erschaffen.
Das sich Toni vom Fensterbrett erhoben hatte und mit langsamen Schritten auf ihn zu kam, hörte Enrico nur gedämpft. Finster war sein Blick auf den Boden vor seinen Füßen gerichtet. Erst als sich Tonis Hand auf seine Schulter legte, sah er wieder auf.
“Worüber denkst du nach?”, wollte Toni von ihm wissen. Sollte Enrico ihm das wirklich sagen? Würde es Toni überhaupt verstehen? Nur zögernd wagte Enrico seine Bedenken auszusprechen:
“Ich versteh nicht wieso du mich hier her geholt hast? Als wenn es etwas ändern würde, dass ich hier bin.” Wieder Schweigen. Hatte Toni denn gar nichts dazu zu sagen? Anstatt mit ihm zu sprechen, ging Toni vor ihm in die Hocke. Erst als er Enrico in die Augen sehen konnte, begann er zu sprechen:
“Und ob es etwas ändert!” Für einen Moment sah er zur Seite weg, beinah so, als müsste er erst einmal die passenden Worte und den Mut finden, das auszusprechen, was er dachte. Verwirrt beobachtete Enrico ihn dabei. Was kam wohl jetzt? Als Toni wieder zu ihm aufsah, blieb Enricos Blick fragend an den smaragdgrünen Augen seines Freundes hängen.
“Glaubst du wirklich ich hab dich nur zurück geholt, damit du die Drachen besiegst?” Ja, war Enricos erster Gedanke. Sicher nicht nur deswegen, aber das war doch einer der Hauptgründe, oder nicht? Sein Blick schien Toni Antwort genug zu sein, denn er fuhr ohne Unterbrechung fort:
“Die fünf Jahre allein hier waren die Hölle. Ich will diesen Kampf nicht mehr länger allein führen. Seit ich weiß dass du noch lebst, kann ich mir ein Leben ohne dich nicht mehr vorstellen. Ich will es einfach nicht mehr. Verstehst du nicht dass ich dich brauche? Was kümmern mich die Drachen, wenn ich dich an meiner Seite weiß?” Mit jedem Wort das Toni aussprach wurden seine Augen gläserner. Einzelne Tränen sammelten sich in ihnen und verloren sich wenig später auf ihrem Weg über Tonis Wangen. So hatte Enrico ihn noch nie erlebt. Das er offen seine Gefühle aussprach und dabei auch noch Tränen vergoss, dass passte so gar nicht zu ihm. Gefühle schloss er sonst immer weg, ganz besonders das, welches Enrico in seinen Augen zu lesen glaubte. War es die Liebe, von der Toni in New York gesprochen hatte?
Ganz von alleine streckten sich Enricos Hände nach Tonis Wangen aus. Seine Finger legten sich um das Gesicht des Freundes, während er ihm mit dem Daumen, die Tränen wegwischte. Sie standen Toni einfach nicht. An den verträumte Blick hingegen, als er die Augen während Enricos Berührung schloss, hätte er sich gewöhnen können. Warum nur konnte er nicht immer so schauen? Viel zu selten waren Momente wie diese. Hier waren sie ganz allein, fern ab von feindseligen Blicken. Als Toni nicht wie sonst vor der Berührung zurück wich, oder sich aus der Situation zu flüchten versuchte, konnte Enrico nicht länger widerstehen. Er musste Toni einfach einen Kuss aufdrücken. Für all die aufbauenden Worte, dafür, dass er einfach nur bei ihm war. Seine Freundschaft bedeutete Enrico so viel mehr, als sein eigenes Leben. Auf einmal gab es einen Grund, warum er zurück gekommen war. Er trug schwarze, schulterlange Haare, die sich an ihren Spitzen zu kleinen Locken zusammen drehten, hatte wunderschöne smaragdgrüne Augen und schmeckte mit jedem Kuss nach mehr.
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