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 1.Kapitel ~Eine folgenschwere Nacht~

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Enrico
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BeitragThema: 1.Kapitel ~Eine folgenschwere Nacht~   1.Kapitel ~Eine folgenschwere Nacht~ EmptyDo Jan 19, 2012 7:15 am

1. Kapitel 
~Eine folgenschwere Nacht~

Seit vier Stunden sitzen wir jetzt schon hier und diskutieren darüber, ob ich Raphaels Nachfolger werden soll. Ich bin mir nicht sicher, ob ich wirklich das Zeug dazu habe, in seine Fußstapfen zu treten. Er ist sechs Jahre älter als ich und viel besser organisiert. Für uns alle ist er, wie der Vater, den wir nie hatten. Ich kann ihn nicht ersetzen, ich will es auch gar nicht. Warum muss er überhaupt aufhören? Er kann doch auch so mit Susen zusammen ziehen und seine eigene Kfz-Werkstatt aufmachen. Dazu muss er nicht sein Amt als Chef der Wölfe niederlegen. 
Ich sehe meinen großen Bruder kritisch an. Er sitzt mir gegenüber in einem weißen Ledersessel, zwischen uns steht ein gläserner Couchtisch, auf ihm stehen fünf leere Flaschen Scotch und eine angefangene Sechste. Dazwischen ist ein bis zum Rand gefüllter Aschenbecher platziert und etliche leere Zigarettenschachteln liegen drumherum. 
Ich bin mir nicht sicher, wie viele ich mittlerweile getrunken habe. Nach dem fünften Glas, habe ich aufgehört zu zählen. Dennoch fühle ich mich bei diesem Thema erschreckend nüchtern. Die Umrisse meines Bruders fangen zwar an zu verschwimmen, dennoch kann ich seine kurzen, blonden Haare und seine graublauen Augen gut erkennen. Er trägt noch immer seine Arbeitskleidung, bisher ist er noch nicht dazu gekommen, die blaue Latzhose und das rotkarierte Hemd darunter, auszuziehen. Er riecht nach Öl und Benzin.
Ich kann mir kaum vorstellen, wie es sein wird, das nicht mehr jeden Tag zu riechen und ihn mit einem Schraubenschlüssel in der Hand in unserer Werkstatt hantieren zu sehen. Er wird mir schrecklich fehlen. Es ist das erste Mal, dass wir nicht mehr zusammen unter einem Dach wohnen werden.
Ich nehme noch einen kräftigen Schluck aus meinem eben gefüllten Glas. Es hilft nicht, ich werde das flaue Gefühl im Magen nicht los. Nicht nur das Raphael von nun an nicht mehr hier wohnen und arbeiten wird, nun soll ich auch noch die Geschäfte der Wölfe übernehmen. Bin ich dazu denn überhaupt in der Lage? Werden die Anderen auf mich hören? Ich habe überhaupt keine Ahnung davon, wie man sich als Chef verhält und behauptet. 
"Jetzt mach doch nicht so ein Gesicht!", mahnt Raphael mich. Er gießt sich ein neues Glas ein, dann spricht er weiter: "Du wickelst doch schon seid Monaten alle Geschäfte allein ab. Wo ist also das Problem? Aaron ruft mich nie an, er spricht nur mit dir und Toni über neue Aufträge. Ich organisiere lediglich noch deren Ausführung." Ich sehe nach links. Toni sitzt neben mir, er ist mein bester Freund und Leibwächter. Als ich ihn ansehe, hat er gerade sein Glas erhoben. Seine smaragdgrünen Augen mustern mich fragend, er wartet mit dem Trinken. Er hat eine seiner Augenbrauen nach oben gezogen, sie verschwindet unter seinen schwarzen Haaren, die sich an ihrem Ende zu kleinen Locken zusammen drehen. Ihm muss warm geworden sein, denn er hat sein schwarzes Hemd ausgezogen, es liegt über der Armlehne der Couch auf der wir sitzen. Jeder Muskel an seinem durch trainierten Körper ist angespannt. Ich habe schon den ganzen Abend versucht ihn für den Posten vorzuschieben und ich will es ein weiteres Mal versuchen.
"Eben, er spricht auch mit Toni darüber. Warum muss ich also? Toni kennt sich in der Szene viel besser aus als ich!", protestiere ich. 
Toni stellt sein volles Glas zurück auf den Tisch, während er spricht:
"Von wegen! Das letzte Mal das Aaron mit mir gesprochen hat, war, als er mich gebeten hat, die Tür seines Büros zu schließen. Du bist sein Liebling! Mich duldet er nur, weil ich sein bester Cleaner bin. Er würde mich nie als Chef der Wölfe anerkennen, immerhin habe ich mal zu den Drachen gehört." Es stimmt nicht, dass ich Aarons Liebling bin, er lässt mir lediglich mehr durchgehen, weil er weiß dass ich sowieso tue, was mir in den Sinn kommt, dafür hat er eine hoher Meinung von Toni, auch wenn er das nur selten durchblicken lässt. Aber bestreiten lässt es sich nicht, dass unser größter Auftraggeber einen Narren an mir gefressen haben muss, sonst dürfte ich sicher nicht in seinem Haus ein und aus gehen, wie es mir gefällt. Er ist für mich, neben Raphael, eine Art Vaterersatz, ich bin gern in seinem Haus zu Gast und diskutiere mit ihm über unser Geschäfte. Ich liebe seine lockere Art und seinen Sarkasmus, er und seine älteste Tochter Robin haben mir alles beigebracht, was ich wissen musste, um in dieser Welt zu überleben. Aber macht mich mein gutes Verhältnis zu ihm, auch zum Chef der Wölfe?
"Enrico, du hast den zweitmächtigsten Mann New Yorks auf deiner Seite. Was soll schief gehen? Außerdem bin ich doch nicht aus der Welt. Susen und ich wohnen eine halbe Stunde von hier entfernt. Wenn Not am Mann ist, kann ich immer noch vorbei kommen", versucht Raphael mir gut zuzureden. Ich schweige und denke nach. Er hat recht, Aaron ist als Chef der italienischen Mafia tatsächlich einflussreich. Über ihm stehen nur noch die Red Dragons, die Mitglieder der japanischen Mafia und unsere größten Konkurrenten im Drogen- und Waffenhandel, aber das hat nichts mit mir zu tun. 
Und überhaupt, wie sieht das denn aus, wenn ich bei Problemen meinen großen Bruder oder Aaron um Hilfe bitte? Wenn ich einmal den Posten als Chef habe, dann kann ich mir keine Schwächen mehr erlauben. Ich kann dann nicht mehr in den Tag hinein leben und tun wonach mir ist, dann bin ich nicht mehr nur für mich selbst verantwortlich. Wenn ich der Chef der Wölfe werde, liegt das Leben von über vierzig Menschen in meiner Hand. Eine falsche Entscheidung und ich bringe sie alle um. Will ich wirklich so viel Verantwortung tragen? 
Der Gedanke der Chef einer Gang zu sein, reizt mich schon. Dann bin ich es der Anweisungen erteilt und nicht mehr der, der sie befolgen muss. Mir würde der Sessel an der Stirnseite des Tisches zustehen und ich bin es der das Geld zuteilt. Trotzdem habe ich Zweifel.
Ich entschließe mich zu trinken, anstatt eine Entscheidung zu fällen. In einem Zug leere ich das Glas. Hoffentlich bin ich bald zu betrunken für weitere Diskussionen. 
"Du schaffst das schon!", sagt Anette mit ihrer aufmunternden Stimme. Sie legt mir ihre Hand auf die rechte Schulter. Ich sehe sie an, sie trägt ihre langen blonden Haare heute offen, in engelsgleichen Locken fallen sie ihr über die Schultern. Sie hat ein schwarzes Kleid an, das ihr kaum über die Hüften reicht, ihr Make up ist dezent, nur auf ihren Augenlidern liegt ein Hauch von Blau. Ihre Lippen sind in einem blassen Rosa geschminkt. In ihren blaugrünen Augen spiegelt sich das Licht der Neonröhren wieder. Erst jetzt wird mir wirklich bewusst, wie schön sie sich gemacht hat. Sonst sind ihre Haare immer streng zu einem Zopf gebunden, ich kenne sie nur in ihrem weißen Kittel, den sie als Krankenschwester tragen muss. Mir ist nicht bewusst gewesen, dass sie darunter einen wohlgeformten Körper versteckt. Ihre Hüften und dieser Ausschnitt. Für einen Moment erwische ich mich dabei, wie ich ihren Bussen anstarre. Als sie sich zu mir lehnt, drückt sie ihn an meinen Oberarm, er fühlt sich weich und warm an. Wie es wohl ist ihre Brüste in meinen Händen zu halten? 
Ich wende meinen Blick von ihr ab. Mit einem leichten Kopfschütteln, versuche ich diesen Gedanken aus meinem Geist zu vertreiben. Anette ist nur eine gute Freundin, mehr nicht. Ich kenne sie schon so lange, dass ich nicht einmal mehr weiß, wie und wo wir uns das erste Mal begegnet sind. 
Seid der Grundschule hat sie mir von ihrer Liebe zu mir erzählt und nichts unversucht gelassen, in mir das selbe Gefühl zu wecken. Sie ist intelligent und witzig, ich lasse mich gern von ihrer Fröhlichkeit anstecken, aber das war keine Liebe, ... Oder? 
Anette lächelt noch immer, das Strahlen in ihren Augen erscheint mir jetzt noch heller. Sie hat wirklich schöne Augen. 
"Du wirst ein toller Anführer sein!", meint sie bestimmt. Sie sagt das so eindringlich, dass ich ihr fast glauben möchte. Ich schaffte das schon, immerhin bin ich nicht allein. Sie und Toni werden mich unterstützen, so wie sie es immer getan haben. Was wäre ich in all den Jahren nur ohne sie gewesen? Ein wohlig warmes Gefühl von Vertrautheit breitet sich in mir aus. Ich bekomme das Verlangen meine Hand nach Anette ausstrecken und sie ihr um die Wange zu legen. Ob sich ihre Haut so weich und geschmeidig anfühlt, wie sie aussieht? Ich kann das Verlangen danach, es herauszufinden, nicht länger unterdrücken.
"Vielleicht hast du recht und ich bekomme das wirklich hin!", höre ich mich sagen, und lege Anette meine Hand auf die Wange. Sie fühlt sich tatsächlich so seidig glatt an, wie sie aussieht. Ich streichele ihr mit dem Daumen über die Wange. Anette schließt die Augen, sie scheint meine Berührung zu genießen. Sie legt den Kopf schief und strahlt mich mit ihrem warmherzigen Lächeln an. Ihre vollen Lippen sind mir so nah, dass ich mich frage, wie es wohl ist sie zu küssen. 
Ich spüre Raphaels und Tonis Blicke auf mir. Warum starren die beiden uns so an? Ich sehe von Raphael auf Toni, sie haben beide den selben Gesichtsausdruck, die Augen geweitet und die Münder leicht geöffnet. 
"Jetzt reden wir seid vier Stunden auf dich ein und Anette überzeugt dich, mit nur einem Satz?" Raphael kann es nicht fassen, während Toni sich auf der Couch zurücklehnt, er trinkt sein Glas leer, dann meint er:
"Wundert mich nicht! Unser Möchtegern Casanova denkt gerade eh nur noch mit seinem besten Stück. Du solltest ihn nicht zu viel Loben Anette, sonst wird er noch arroganter, als er es jetzt schon ist."
"Du mich auch, Arschloch!", knurre ich ihn an. Wo bin ich denn arrogant?
"Du bist doch nur eifersüchtig, weil du bei den Mädels nicht landen kannst!", füge ich an.
"Na und! Wenigstens muss ich mir keine Sorgen darüber machen, mit 17 Vater zu werden, weil ich schon die halbe Stadt flachgelegt habe!" Jetzt übertreibt er aber. Nur weil ich mehr Frauen hatte als er. Ich hole Luft, um zu kontern, doch Anette geht dazwischen:
"Jungs! Jungs! Regt euch ab! Schaut lieber mal auf die Uhr. Es ist schon nach Zwölf.“ Wir schauen alle zeitgleich auf die Uhr. Anette hat recht, es ist bereits zwölf Uhr fünfzehn.
"Alles gute zum Geburtstag, Kleiner!", gratuliert Raphael mir als Erster. Er steht auf und kommt um den Tisch herum. Auch Toni und Anette erheben sich, ich tue es ihnen gleich. Raphael umarmt mich, dann klopft er mir so hart auf den Rücken, dass mir die Luft wegbleibt. 
"Du packst das schon", flüstert er mir ins Ohr. Während ich nach Luft schnappte, drückt er mich noch fester. Das macht er immer so, ich bin daran gewöhnt und warte ab, bis er mich freigibt. Raphael quält mich noch eine gefühlte Stunde, dann lässt er Toni zu mir. Auch mein bester Freund nimmt mich in den Arm, während er mir zum Geburtstag gratuliert. Er schlägt mir auf den Rücken und flüstert mir zu:
"Lass deine Finger von ihr! Sie ist zu gut für dich." Damit ist wohl Anette gemeint und das er sie eigentlich will und nicht ich. Ich verstehe gar nicht was er hat, ich will doch gar nichts von ihr, belüge ich mich selbst. Als Toni mich wieder frei gibt und Anette zu mir lässt, bin ich mir sicher, dass ich heute Abend zum ersten Mal bemerkt habe, wie schön sie aussieht. Als sie mich in den Arm nimmt und ihren warmen Körper an meinen drückt, möchte ich sie nicht wieder loslassen. Wie sie wohl ohne das Kleid aussieht und sich anfühlt?
"Alles gute zum Geburtstag, Enrico!", sagt sie laut und fügt flüsternd an, "Du machst dir zu viele Sorgen. Ich wüsste da etwas, um dich auf andere Gedanken zu bringen!" Sie löst sich von mir und zwinkert mir zu. Bilde ich mir das nur ein, oder hat sie erraten was ich denke?
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