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 1. Kapitel ~Die Legende~

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Enrico
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BeitragThema: 1. Kapitel ~Die Legende~   1. Kapitel ~Die Legende~ EmptyMo Dez 19, 2016 7:52 am

1. Kapitel
~Die Legende~

„He, Isekil wach auf! Großvater will uns eine Geschichte erzählen!”
Verschlafen öffne ich die Augen. Vor mir steht ein Drachenjunges, seine blauen Augen strahlen mich erwartungsvoll an, sein Kopf ist genau so groß, wie der ganze Rest seines Körpers. Ein Wunder, dass er den überhaupt oben halten kann. Er ist nicht so lang, wie Black Berry, eher kompakt und stämmig. Auf seinem Rücken beginnen sich kleine Stummelflügel zu entwickeln.
Ich brauche einen Moment, um meinen Bruder Lun-Lun zu erkennen und mich von meinem Traum zu lösen. Um endlich wach zu werden, strecke ich mich ausgiebig und gähne herzhaft. Das hat mir gerade noch gefehlt, Großvaters Geschichten. Allmorgendlich dasselbe, aber unsere Mutter besteht darauf.
„Komm schon du Schlafmütze, sonst verpassen wir den Anfang!”, drängelt Lun-Lun und läuft voraus. Nach gut zwei Körperlängen hält er an und sieht zu mir zurück.
„Ich komm ja schon”, sage ich und trotte ihm nach.

Nicht weit von unserem Nest entfernt, in dem Lun-Lun und ich die Nacht verschlafen haben, sitzt ein großer Drache mit weiten Flügeln, die den Himmel verdunkeln. Seine schuppige Haut ist inzwischen ergraut und in seinem Gebiss fehlen fast alle Zähne, nur noch zwei ragen aus seinem Unterkiefer hervor. Ich weiß nicht, wie alt unser Großvater ist, er selbst behauptet bereits 500 Sommer erlebt zu haben, aber ich bin mir sicher, dass auch das nur wieder eine seiner vielen Geschichten ist. Der Kopf des alten Drachen dreht sich zu uns, dann beginnt er auch schon zu sprechen: “Vor Äonen von Jahren, gab es unseren schönen Mond noch gar nicht.” Großvater sieht in den Himmel. Ob er dort wohl den Mond zu finden versucht? Es ist doch Tag und nur die Sonne scheint uns grell an, trotzdem folgen alle anderen Jungen seinem Beispiel.
Was Lun-Lun und den Anderen an diesen Erzählungen so gefällt, verstehe ich nicht, es ist doch immer das Gleiche: Katzen gegen Drachen, die Drachen gewinnen.
Gähnend setze ich mich in den Schatten Großvaters und sehe als einziger nicht in den Himmel, stattdessen scharrte ich mir die Flöhe aus dem Pelz. Was muss ich auch der einzige Drache hier sein, dem ein Fell wächst. Auf Schuppen halten sich diese Biester nicht so lange und da behauptet meine Mutter doch tatsächlich, sie wäre unserem Vater nie fremdgegangen. Ja sicher, deswegen schlage ich auch als einziger Bergdrache aus der Art und sehe denen des südlichen Himmelsvolkes ähnlich. Langer gewundener Körper, glattes weiches Fell und viel zu kurze Beine.

„Der Mond und unsere Erde waren eins …”, fährt Großvater fort, während sich in meinen Gedanken eine passende Antwort formte: Langweilig …
„Ist das nicht toll?”, jauchzt Lun-Lun und sieht mich aufgeregt an.
„Nein, ist es nicht …”, brumme ich, doch er hört mir schon gar nicht mehr zu. Wie alle anderen Jungen hängt er an den Lippen unseres Großvaters.
„Man erzählt sich, dass es damals nicht nur Drachen gegeben haben sollte. Bösartige Kreaturen bevölkerten den Boden. Sie hatten spitze Ohren, lange Barthaare und konnten nicht fliegen. Trotzdem wollten sie die Welt für sich allein haben. Der schlimmste von ihnen, war ein schwarzer Panther. Er begann einen Krieg gegen den mächtigsten aller Drachen zu führen. Jahrhunderte lange bekämpften sie sich und zerstörten alles, was ihnen in die Quer kam. Sie brannten Wälder nieder, überschwemmten das Festland, bis unsere Welt fast zerstört war.”
Ich rolle mit den Augen und werfe einen prüfenden Blick auf meinen Bruder und die anderen Jungen. Glauben sie ihm dass alles etwa? Haben sie noch nicht bemerkt, dass alle von Großvaters Geschichten auf dasselbe hinaus laufen? Ein Kampf von Gut und Böse, bei denen stets die Drachen gewinnen. Ich beginne die Nägel meiner Krallen kurz zu kauen.
Mutter bemerkt mein Desinteresse. Sie liegt im Schatten einiger Felsen und sieht uns aus der Ferne zu. Besorgt beäugt sie mich, so wie nur sie es kann. Ein Blick, der mir stets ein schlechtes Gewissen macht. Dass ich nichts für die Legenden unserer Götter übrig habe, gefällt ihr nicht. Es ist nicht normal, ich bin nicht normal.
Seufzend sehe ich zu Großvater, so wie alle anderen auch und tut zumindest so, als wenn es mich interessieren würde.

„Der Planet tobte und teilte sich in seiner Wut in zwei Hälften. Er wies die Raubkatzen an, auf der einen Hälfte zu bleiben und die Drachen auf der anderen. Aber damit nicht genug. Die beiden Götter, die den Streit begonnen hatten, wurden dazu verurteilt unter ihren Feinden zu leben und dort immer wiedergeboren zu werden, bis sie ihren Fehler einsehen. Unser stärkster Drache, wurde als Kater wiedergeboren und lebt jetzt auf dem Mond, während der schwarze Panther, als Drache wiedergeboren wurde.” Ein Raunen geht durch die Reihen der Jungen.
Verstört betrachte ich meinen Großvater.
„In jedem von uns könnte also ein schwarzer Panther schlummern”, belehrt er uns und beugt sich hinab. Sein forschender Blick geht über jeden von uns, bis er an mir hängen bleibt. Besonders lange mustert er mich. Warum weiß ich nicht genau, vielleicht weil ich mich nicht, wie die anderen Jungen ehrfürchtig ducke?
„Wir müssen darauf achten, dass der Panther in uns, niemals die Oberhand gewinnt. Ganz besonders du solltest dir das zu Herzen nehmen, wo die Natur dir nicht einmal Flügel gegeben hat”, faucht der alte Drache und sieht über meinen Rücken.
Es kränkt mich, dass er immer wieder darauf anspielt, dass mir noch keine Flügel gewachsen sind. Ich betrachte meinen geschmeidig, langen Körper, nur weiches, weißes Fell, keine Flügel. Wenn dort nicht bald etwas wächst, werde ich am Tag des Ausfluges nicht mit den anderen, von den Klippen springen dürfen, dabei bin ich mir sicher, dass ich auch fliegen kann. Genauso wie die Schlangendrachen des südlichen Himmelsvolks, aber es will ja keiner zugeben, dass mein Vater nicht mein Vater ist. Einem Bergdrachen müssen Flügel wachsen, da gibt es nichts dran zu rütteln.
„Ich brauch keine Flügel. Ich bin ein südlicher Himmelsdrache!”, erkläre ich meinem Großvater trotzig und erhebe mich. Ich schlängle mich elegant zwischen seinen Beinen hindurch, ohne ihn noch einmal anzusehen. Die besorgten Blicke von Mutter und Großvater folgen mir, ich kann sie deutlich im Rücken spüren. Ein schlechtes Gewissen schleicht mir nach, als ich den Versammlungsplatz verlasse. Ob Großvater wohl Recht hat und hin und wieder der schwarze Panther in mir, die Oberhand gewinnt? Mit schnellen Sprüngen laufe ich diesem Gedanken davon.
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